Pilgerndes Gottesvolk – geeintes Gottesvolk

Gottes Heilsplan für Kirche und Menschheit*

Im Artikel 1 lesen wir: „Die Kirche ist ja in Christus gleichsam das Sakrament, das heißt Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit.“1 Diese unlöslich doppelte Wegrichtung der Einheit, Einheit mit Gott und Einheit miteinander, hat in der Kirche nicht ihren Schlußpunkt, vielmehr ist Kirche gerade dynamisch, weghaft über sich selbst hinaus bezogen auf die Einheit des Menschengeschlechts. Sie soll jene Einheit, die ihr geschenkt ist, hinaustragen ins Ganze der Menschheit. Dieser immer der Kirche aufgetragene Weg, diese ihre Sendung wird in der derzeitigen Situation als besonders aktuell herausgestellt: „Die gegenwärtigen Zeitverhältnisse geben dieser Aufgabe der Kirche eine besondere Dringlichkeit, daß nämlich alle Menschen, die heute durch vielfältige soziale, technische und kulturelle Bande enger miteinander verbunden sind, auch die volle Einheit in Christus erlangen.“2

Die drei folgenden Artikel 2–4 unseres Dokumentes falten die Grundaussage über die Kirche in Richtung auf die drei göttlichen Personen aus. In Artikel 2 wird der in besonderer Weise dem Vater zugeeignete allgemeine Heilsratschluß Gottes auf die Kirche hin präzisiert: „Die aber an Christus glauben, beschloß er in der heiligen Kirche zusammenzurufen.“3 Die ganze Weltgeschichte wird dargestellt als Weg, an dessen Ende die Vollendung der Kirche in Herrlichkeit steht. „Dann werden ... alle Gerechten von Adam an, von dem Gerechten Abel bis zum letzten Erwählten, in der allumfassenden Kirche beim Vater versammelt werden.“4 Der Ratschluß des Vaters zum Heil der Menschheit ist der [352] Anfang des Geschichts- und zumal des Kirchenweges, die Einung und Sammlung der erlösten Menschheit beim Vater ist deren Ziel.

In Artikel 3 wird die Verbindung von Einheit und Weg christologisch begründet: „Zugleich wird durch das Sakrament des eucharistischen Brotes die Einheit der Gläubigen, die einen Leib in Christus bilden, dargestellt und verwirklicht (1 Kor 10,17). Alle Menschen werden zu dieser Einheit mit Christus gerufen, der das Licht der Welt ist: Von ihm kommen wir, durch ihn leben wir, zu ihm streben wir hin.“5

Unter den Wirkungen des Geistes, die in Artikel 4 als konstitutiv für die Kirche vorgestellt werden, fällt unser Blick auf zwei Aussagen über Geist und Kirche: Der Geist „eint sie in Gemeinschaft und Dienstleistung ... und geleitet sie zur vollkommenen Vereinigung mit ihrem Bräutigam. Denn der Geist und die Braut sagen zum Herrn Jesus: ‚Komm’ (vgl. Apk 22,17).“6

Vom Vater, vom Sohn und vom Heiligen Geist wird also in je unterschiedener und je verbundener Weise ausgesagt, daß sie die Kirche auf den Weg bringen, dessen Ziel und Gestalt die Einheit ist.


  1. Lumen Gentium 1. ↩︎

  2. Lumen Gentium 1. ↩︎

  3. Lumen Gentium 2. ↩︎

  4. Lumen Gentium 2. ↩︎

  5. Lumen Gentium 3. ↩︎

  6. Lumen Gentium 4. ↩︎