Gemeinschaft des Zeugnisses: Wandlungen im kirchlichen Institutionswesen

Gemeinschaft des Zeugnisses

[119] Nicht nur, was die Kirche sagt, nicht nur, was die Kirche tut, sondern auch, was die Kirche ist, steht heute in der Frage der Kirche an sich selbst. In dieser Frage, welche die Kirche nicht nur denkt, sondern „tut“, bemüht sie sich, ihr Wesen dadurch gerade zu bewahren, daß sie es neu empfängt in der Orientierung an ihrem Ursprung, dem Herrn und seinem Geist, und zugleich an ihrer Zeit, der Zeit unserer gegenwärtigen Welt, für die und in der sie da ist. Die Frage, was die Kirche ist, muß eine eminent theologische heißen; sie ist aber keine bloß theoretische. Denn was die Kirche ist, zeigt sich nicht nur in den Formeln ihres Selbstverständnisses, sondern auch in ihrer Gestalt inmitten der Welt, konkreter: inmitten der Gesellschaft.

Dem Gestaltwandel der gesellschaftlichen Formen, welche die Kirche ausbildet und in welchen sie sich hineinbildet ins Gesamt unserer Gesellschaft, sollen die folgenden Überlegungen gelten. Es ist grundsätzlich auf zweierlei Weise möglich, diese Überlegungen anzustellen. Die eine Möglichkeit: mit Beleg durch das faktische Material die Verschiebungen und Umschichtungen im Institutionswesen aufzuzeigen, die in den letzten Jahrzehnten und vor allem seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil sich in der Kirche anbahnten. Eine solche Untersuchung wäre notwendig und reizvoll. Es gibt aber noch eine weitere [120] Möglichkeit, und ihr soll der folgende Gedankengang verpflichtet sein: ohne soziographisch auf den recht mobilen Augenblick einzugehen, theologische Leitlinien aufzuzeigen, denen entlang der bisherige Wandel bereits vor sich ging. Die unmittelbare Besinnung auf diese Leitlinien hat, für die Knappheit des hier gesteckten Rahmens, den Vorzug für sich, daß die theologischen Aussagen, die sich da ergeben, zugleich Maßstäbe anvisieren helfen, auf welche zu eine weitere Entwicklung sinnvollerweise unterwegs sein sollte; denn eine solche Entwicklung geschieht zwar nicht nur durch uns, die wir Kirche sind, aber sie darf auch nicht geschehen ohne uns, die wir Kirche sind, und ohne den Anteil an der Kirche, den die theologische Besinnung darstellt, die hier freilich nur auf eine kleine und bescheidene Weise, nur mit einer ihrer notwendig und hoffentlich vielen Stimmen geschehen kann.

Wenn also die folgenden Gedanken nicht viel von konkreten Institutionen und deren Stand sprechen, so hoffen sie gleichwohl, diesem konkreten Stand näher verbunden zu sein, als wenn sie ihn bloß feststellen.