Proportio aequalitatis – eine Erwägung zu Bonaventura, Itinerarium II 6
Die Bedeutsamkeit des Gedankens
Das Absolute im Seienden ist nicht dieses selbst, sondern seine Relationalität. Das Absolute in sich ist Relationalität. Auf diese Formel ließe sich zuspitzen, was Bonaventura im 2. Kapitel seines Itinerarium andenkt. Sein, Sein gerade als Spur und Kunde des Göttlichen, als Beziehentlichkeit zu denken, actus purus als reine Beziehung zu verstehen, ist ein Aufbruch, der in der Scholastik über diese hinausführt.
Eine kritische Befragung des bonaventuranischen Gedankens, das Aufzeigen des Grundes der Bedingungen seiner Möglichkeit könnte – aufs erste – seine waghalsige Naivität entlarven. Und doch: Entnimmt nicht gerade diese ihn solchem Zugriff? Führt der Gedanke Bonaventuras nicht in sich selbst in eine andere Ordnung und ihre Absolutheit?
Die andere Frage wiegt freilich nicht weniger schwer: Ist es noch möglich, sich auf das Verständnis des Schönen und auf das Verständnis der Ästhetik zurückzuziehen, das bei einem Bonaventura waltet? Die Überladung des Ästhetischen mit Bedeutsamkeit wird ebenso kritisch befragt wie ein harmonistisches Ästhetikverständnis. Wie aber kann Ästhetisches anders gedacht und verstanden werden als im Entdecken seiner Konstellationen? Kommen wir nicht – in einem keineswegs bloß formalen Sinn –, wie immer wir es auch wenden, am Ende doch bloß auf jene Beziehung hinaus, die mehr [210] ist als das Produkt ihrer sich aufeinander beziehenden Pole? Vielleicht leuchtet das „Verum“ des Gedankens auf, wenn wir ihn selber als ästhetische Gestalt mitspielen und so in seiner Fremde seinen „splendor“ gewahren.